Volksblatt Würzburg, 10. Dez. 1994

 
     
 

Helge Barabas am Flügel zu
F. W. Murnaus "Nosferatu"

Einen Stummfilmklassiker zu neuem Leben erweckt

 
 

Er ist der Vater aller Film-Vampire: Der "Nosferatu", ein Film Friedrich Wilhelm Murnaus nach Motiven des Dracula-Romans des Iren Bram Stoker. Am 5. März 1922 trieb es diesen Untoten zum ersten Mal über die Filmleinwand und wenigstens ein Bild kennt fast jeder: Nosferatu auf dem Segelschiff, glatzköpfig, mit Ohren wie Spock aus dem Raumschiff "Enterprise", riesigen Augen, die Pupillen fast herausgedreht, so dass man nur noch das Weiße sieht, groß und dürr und mit Fingernägeln wie Krummdolche. Damals dienten dem Blutsauger noch die Schneidezähne, wenn's in den Blutrausch ging ...

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Barabas begleitete den Nosferatu auf seinen grausamen Wegen mit einer Mischung aus Blues, Boogie und Ragtime, fand irgendwie Wienerische, freundlich-morbide Töne für die Szenen, in denen es gerade man nicht unheimelte, entlockte seinem Flügel mit den Finger an den Saiten schauerliche Töne, wenn das Scheusal um die Ecke kam - und fiel dabei doch nicht auf.

"Das ist die Kunst: Dem Film nichts von seiner Wirkung nehmen, nichts hineinspielen, was nicht hineingehört, nicht den Maestro herauskehren, sondern das Spiel auf den schwarz-weißen Tasten anpassen an das schwarz-weiße Drama - eins sein mit Murnaus Geniestreich.

Barabas entwarf am Flügel ein atmosphärisches Klanggemälde, seine Musik und der Film wurden zu einer frappierenden Einheit. Wer nur wegen der Musik gekommen war, der mußte einen regelrechten Schnitt durch seine Wahrnehmung machen, Film und Musik gewaltsam trennen - und fand, bei aller Zurückhaltung Barabas', einen absoluten Könner. Mehr davon!

Wolfgang Jung

 
 

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